Mondlicht

Das Mondlicht im heimischen Terrarium

 

Artikel von Thilo Böck

 

Seit gut 10 Jahren gibt es im einschlägigen Fachhandel sogenannte Mondlichter für die Terraristik. Diese wurden zunächst aus dem Bereich der Aquaristik, und hier im speziellen aus der marinen Aquaristik abgeleitet. Inzwischen gibt es auch eigene Konstruktionen. Warum diese LEDs in Birnchen- und Kästchenform konzentriert, mit dem natürlichen Mond nichts gemeinsam haben, möchte der folgende Artikel darlegen.

 

Der Halbleiter GaN (Galliumnitrid) ist zwar seit den 1970er Jahren bekannt, galt jedoch weltweit unter Physikern als recht komplexe Struktur. So war zwar das theoretische Potential bekannt, aber erst den drei japanischen Doktoren Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura gelang 1992 der Durchbruch. Die blaue LED war geboren! Der Halbleitergigant und Branchenführer Nichia führte 1993 die erste Serienproduktion ein.

 

Die Entwicklung der blauen LED stellt die Basis für moderne weiße LEDs die heute nicht mehr Wegzudenken wären. Nichia ist bis heute Taktgeber der Branche weltweit. Die drei Physiker wurden für ihr Werk sodann auch 2014 mit dem Physik- Nobelpreis ausgezeichnet.

 

Schon wenige Jahre nach Markteinführung begannen diverse Aquaristikhersteller mit der Adaption dieser blauen LEDs, zunächst für Beleuchtungseffekte und Ergänzungen zur Hauptbeleuchtung. Primär innerhalb der marinen Aquaristik, oder auch Meerwasseraquaristik genannt. „Blau“ Leuchteten bis dahin nur einige wenige Leuchtstoffröhren.

 

Mit Einführung dieser LEDs konnte so nicht nur der beliebte Kringeleffekt (bis dato nur durch HID-Lampen realisierbar) erreicht werden, sondern auch der typische „Blaustich“ intensiv simuliert werden. Doch – im Wasser herrschen andere Absorptionsverhältnisse als auf der Erdoberfläche.

 

Während nahezu das gesamte Farbspektrum bereits in etwa 20 Metern Wassertiefe absorbiert wird, ist dieser als Extinktion bezeichneter Vorgang im Wellenbereich von 380-490nm, also der blaue Spektralbereich, am schwächsten oder im Umkehrschluss am längsten sichtbar unter Wasser.  Das bedeutet damit Wasser bereits ab geringer Tiefe „bläulich“ wirkt.

 

Etliche Meter Tiefe dürften hingegen nur die wenigsten Aquarien aufweisen, weshalb durch die Schaffung einer blauen Lichtquelle dieser Wassereffekt so simuliert wird. Mit fortschreitender Technologie konnten zunehmend mehr Aquaristiklampen dual geschaltet werden. Hatten also zwei Ausgänge womit so auch über Nacht nur das blaue Licht eingeschaltet werden konnte. Ein mondähnlicher Effekt entstand und ist bis heute sehr beliebt.

 

Diese Idee wurde vor etwa 10 Jahren von einigen Terraristikherstellern der Aquaristik entliehen. Die Terraristik jedoch findet für gewöhnlich oberhalb der Wasseroberfläche statt, sieht man von Paludarien einmal ab.

 

Hier herrschen physikalisch also völlig andere Gegebenheiten. So hat der Mond eine Farbtemperatur von rund 4100K (Kelvin ist die Einheit der Farbtemperatur). Die der Aquaristik entliehenen Produkte beginnen jedoch bei etwa 8.000-10.000K und gehen auch in den aktinischen Bereich bis hin zu etwa 30.000K.

 

Jeder Leser dürfte schon mal bei einer Vollmondnacht in der Natur unterwegs gewesen sein. „Blau“ erscheint uns die Umgebung wahrlich nicht.

 

Die scheinbare Helligkeit wird in mag (Magnitudo) angegeben und wirkt verglichen mit dem Tageslicht (um das hunderttausendfache heller!) stark Diffus.

 

Auch ist die wahrnehmbare Helligkeit des Mondes von mehreren astronomischen Faktoren abhängig. Allen voran natürlich den Mondphasen selbst, die sich laufend verändern. So hat der Halbmond lediglich etwa ein neuntel an Helligkeit als der Vollmond. Ebenso ist auch die Altitude des Mondes (der Höhenwinkel) ein entscheidender Faktor, der sich laufend ändert. Das Klima ist ebenfalls ein einflussreicher Faktor, ob Wolken oder Niederschläge. Die Erdatmosphäre tut ihr übriges nicht nur durch Aerosole sondern auch mit unterschiedlicher Konsistenz an Feststoffen. Auch unter „Feinstaub“ bekannt.

 

Alle diese Faktoren beeinflussen unsere visuelle Wahrnehmung. Farbe können wir Menschen bei den Beleuchtungsstärken von rund 0,2 bis 0,3 Lx (die Beleuchtungsstärke wird in Lux angegeben) ohnehin nicht mehr wahrnehmen. Zum Vergleich: Die Mittagssonne bietet rund 100.000 Lx.

 

Lichtverschmutzung gerade in stark urbanen Gegenden ist ein weiterer einflussreicher Faktor. Hier wirkt der Kontrast zwischen Hell und Dunkel nicht mehr so stark abgesetzt (deshalb sieht man in Großstädten oft auch weniger Himmelskörper/Sterne). Ein ähnlicher Effekt der optischen Wahrnehmung wie bei Einsatz eines Nachtsichtgerätes.

 

Es wird aus all diesen Gründen angenommen, dass auch verschiedene Reptilienarten, allen voran natürlich primär die nachtaktiven Pendants, individuell auf diese Umweltreize reagieren. Bei Insekten ist dies seit langem Bekannt und war bereits Bestandteil zahlreicher Forschungen. 

Resümierend kann daher gesagt werden:

 

Ein blaues Licht kann nicht als naturnahes „Gimmick“ innerhalb der Terraristik angesehen werden, sondern dürfte, Stand des Wissens heute, mehr Unheil anrichten als Gutes. Wissenschaftliche Arbeiten blieben bisher zwar aus, jedoch lassen zahlreiche Gespräche mit zoologischen Institutionen als auch eigene Beobachtungen diese Vermutung als ziemlich wahrscheinlich erscheinen.

 

Bis dato kann man sich lediglich selbst behelfen, indem man in der Stückzahl an das jeweilige Terrarium angepasste weiße LEDs, mit wenig Strom am heimischen Terrarium betreibt und so, wie in der Aquaristik, ein naturnahes Mondbild zu simulieren versucht. Blaue Leuchtkörper sind hierzu aber nicht geeignet, und es muss von derzeit käuflich zu erwerbenden Produkten des Zoofachhandels für die Terraristik abgeraten werden.

 

Literatur

Gleichwertig zum Artikel von Thilo Böck möchte ich auf Sarina Wunderlich verweisen.

https://www.licht-im-terrarium.de/sonne/start#blaue_led_mondlichter